Die vorgesehene Abschaffung des Stadtteilausschusses stößt in Igls auf heftige Ablehnung. Die Stadtführung verteidigte ihre Pläne, will aber die Argumente der Kritiker „mitnehmen“.
Innsbruck – Der Andrang zur öffentlichen Sitzung des Igler Stadtteilausschusses – am Dienstagabend im Vereinsheim – war so groß, dass die Sitzplätze hinten und vorne nicht ausreichten. Kein Wunder, war eines der Hauptthemen doch die Zukunft des Gremiums selbst. Wie berichtet, soll der Stadtteilausschuss ja – ebenso wie jener in Vill – durch eine Novelle des Stadtrechts mit Ende der Gemeinderatsperiode 2024 abgeschafft werden.
Die Stimmung war aufgeheizt, als BM Georg Willi (Grüne), zugleich Vorsitzender des Stadtteilausschusses, versuchte, die Überlegungen im Rechtsausschuss darzulegen, die zum heftig umstrittenen Novellen-Vorschlag geführt hatten: So sei es „schwer zu argumentieren, warum zwei Stadtteile einen solchen Ausschuss haben und die anderen nicht“, das Stadtrecht müsse „Bürger in allen Stadtteilen gleich behandeln“. Nach derzeitigem Recht können Stadtteilausschüsse eingerichtet werden, wenn mindestens 15 % der Wahlberechtigten im jeweiligen Stadtteil das anregen. Wenn dann binnen vier Wochen 30 % die Anregung schriftlich unterstützen, ist die Wahl parallel zur Gemeinderatswahl abzuhalten.
Ausschüsse können aber nur in Katastralgemeinden gebildet werden, von denen es in Innsbruck derzeit neun gibt, von ganz unterschiedlicher Größe. Speziell in den großen wäre das Quorum für die Einrichtung kaum zu schaffen, erklärte GR Gerhard Fritz (Grüne) – die Katastralgemeinde Arzl umfasse z. B. auch das einwohnerstarke Olympische Dorf. Daher sei in der Vorperiode der Vorschlag aufgetaucht, neue, „händelbare“ Stadtteile zu definieren. Doch es habe sich herausgestellt, dass die genaue Abgrenzung der – in den Köpfen der Bürger klar verankerten – historischen Stadtteile schwierig sei.
„Und wenn wir das Modell der Ausschüsse auf alle 20 Stadtteile ausrollen, mit mindestens zwei Sitzungen pro Jahr, ist das für die Gemeinderäte nicht mehr zu bewältigen“, betonte Willi. Daher plane man im Stadtrecht das Instrument der „Petition neu“, das Anliegen in den Gemeinderat bringt, wenn sie von ca. 600 Bürgern unterstützt werden – egal wo in Innsbruck diese wohnen. Dies ermögliche es, Probleme stadtteilübergreifend anzugehen.
In Igls werde es auch künftig möglich sein, dass sich engagierte Bürger einbringen, etwa über einen Zusammenschluss von Vereinen, meinte GR Lucas Krackl (Für Innsbruck). Fritz verwies auf die Vereinsgemeinschaft Amras oder die „Initiative Lebensraum Kranebitten“, die auf informeller Ebene ähnlich viel erreicht hätten wie die Ausschüsse.
Für die Igler Stadtteilvertreter – und den größten Teil des Publikums – sind Petitionsmöglichkeit oder informelle Gremien aber kein gleichwertiger Ersatz: Der Stadtteilausschuss sei ein Gremium, wo „auf sachlichem und angenehmem Niveau“ für das Gemeinwohl gearbeitet werde, betonte Rolf Kapferer, einer von zehn direkt gewählten Stadtteilvertretern des Unterausschusses Igls. Zuletzt habe man etwa die Wiederaufnahme des Wintersportbetriebs auf der Zimmerwiese und Verbesserungen im Busverkehr oder bei der Straßenbeleuchtung erreicht oder mit Stellungnahmen zum Örtlichen Raumordnungskonzept ein „organisches Wachstum“ sicherzustellen versucht.
Für eine „Petition neu“ brauche es im kleinen Igls rund ein Drittel der Wahlberechtigten, das sei „unmöglich“, sind sich die Stadtteilvertreter einig – Vill allein kann das Quorum überhaupt nicht schaffen.
Harsche Kritik setzte es auch an fehlender Information: „Wir haben aus den Medien erfahren, dass die Stadtteilausschüsse ein Begräbnis erster Klasse erhalten“, ärgerte sich Kapferer. Dabei seien noch vor einem Jahr positive Signale aus dem Rechtsausschuss gekommen. Auch Klaus Jennewein, Vorsitzender des Unterausschusses Vill, fühlt sich „vollkommen verarscht“. Die Stadtführung gestand eine „nicht optimale“ Kommunikation ein.
Für Kapferer ist das Argument der Gleichberechtigung aller Stadtteile und der Belastung durch zu viele Sitzungen nachvollziehbar. Er schlug daher vor, das Gremium zu verkleinern: Zwei oder drei (statt derzeit zehn) Gemeinderäte „könnten den Kontakt zwischen Stadtteilausschuss und Gemeinderat halten“.
BM Willi sah „auf beiden Seiten gute Argumente“. Diese wolle man in den Rechtsausschuss mitnehmen, wo der Vorschlag für die Novelle übernächste Woche behandelt wird. Die Igler Stadtteilvertreter wollen bis dahin konkrete Vorschläge einbringen, um das Gremium doch erhalten zu können. (md)
Quelle: Tiroler Tageszeitung, 18.4.2019