Am 13.7.2023 wurde vom Innsbrucker Gemeinderat die Novelle des Innsbrucker Stadtrechtes mit lediglich 2 Gegenstimmen (Alternative Liste Innsbruck und Liste Fritz) beschlossen. Diese sieht u.a. künftig keine Möglichkeit zur Einrichtung von Stadtteilausschüssen mehr vor. Die bestehenden Ausschüsse in Vill und Igls wurden im Vorfeld dieses Beschlusses nicht kontaktiert. Die Novelle benötigt noch die Zustimmung des Landes Tirol.
Der Igler Unterausschuss hat in dieser Angelegenheit am 14.7.2023 folgende Presseaussendung veröffentlicht:
Abschaffung der Stadtteilvertretung Igls in neuer Stadtrechtsnovelle ist weiterer Schlag gegen demokratisches Grunderfordernis! Abschaffung bringt Verschlechterung in Sachen BürgerInnenbeteiligung für ganz Innsbruck!
Im Jahre 1994 wurde unter dem damaligen Bürgermeister der Stadt Innsbruck DDr. Herwig van Staa, dem Stadtteil Igls die Möglichkeit eingeräumt, zehn direkt gewählte Mandatare in einen Stadtteilausschuss zu entsenden, um die Interessen der Igler Bevölkerung im Gemeinderat direkt zu vertreten. Diese „Sonderstellung“ von Igls mit seiner besonderen geografischen Lage in Betrachtung mit den anderen Innsbrucker Stadtteilen wurde so vom Gemeinderat damals auch beschlossen.
Dieser Entscheidung waren die Bestrebungen des Vereins „pro Igls“ vorangegangen, Igls von der Stadt Innsbruck abzuspalten und wieder als eigene Gemeinde zu etablieren.
Aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 14. Juli 1994, also heute vor exakt 29 Jahren, wo die Einrichtung des Igler Unterausschusses beschlossen wurde, ist zu entnehmen:
[…] Tatsächlich ist festzustellen, daß sonst die damalige, im demokratischen Grundprinzip der Bundesverfassung fundierte politische Praxis dadurch gekennzeichnet war, daß Gebietsveränderung von Gemeinden nur dann im Wege eines Landesgesetzes durchgeführt wurden, wenn sich die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden mehrheitlich dafür ausgesprochen hat. Bei der Eingliederung der Gemeinde […] Igls durch das Stadtrecht von 1949 wurden diesem demokratischen Grunderfordernis nicht entsprochen. […] Die Bevölkerung der Gemeinde Igls wurden jedenfalls nicht um ihre Meinung befragt. Dieser Mangel an wirklicher demokratischer Legitimation haftet der Eingliederung der Gemeinde Igls in die Stadt Innsbruck bis heute an. […]
Auch mit dem gestrigen Beschluss wird ein weiteres Mal dem demokratischen Grunderfordernis nicht entsprochen! Die Igler Bevölkerung wurde zu keiner Zeit dazu befragt und es wird demokratiepolitisch über sie drübergefahren!
Die Einführung eines Stadtteilausschusses für Igls ermöglichte im weiteren auch die Einrichtung von Ausschüssen in allen anderen Innsbrucker Stadtteilen. Jedoch wurde seitens der Stadt Innsbruck das Quorum für die Etablierung so hoch gesteckt, dass diese in dieser Form so nirgendwo sonst eingeführt werden konnten (ausser in Vill, kurzzeitig in Arzl und eben in Igls).
In den inzwischen 29 Jahren konnte der Stadteilausschuss Igls sehr vieles bewirken und hat sich in unzähligen Stunden nicht nur für den Stadtteil Igls eingesetzt, sondern auch den Gemeinderat unterstützt und deren Entscheidungen mitgetragen.
Um diese besondere, hochwertige und bis dato einzigartige Möglichkeit zu festigen und im rechtlichen Rahmen zu etablieren wurden im Jahre 2012 die Stadtteilausschüsse im Stadtrecht fix verankert. Es wurde stets darauf hingewiesen, dass diese Grundlage (durch Aufnahme ins Stadtrecht) den Stadtteilausschüssen eine langandauernde Zukunft sichern würde!
Igls konnte durch eine notwendig gewordene Unterschriftenaktion (Abstimmung von mindestens 50% der Wahlberechtigten für die Einrichtung eines Stadtteilausschusses) wiederum diese Hürden erreichen und den Ausschuss in den Jahren 2012 und 2018 wieder einrichten.
Die zehn direkt gewählten Mandatare bilden gemeinsam mit zehn entsendeten Mitgliedern aus dem Gemeinderat den Stadtteilausschuss. Hervorzuheben ist, dass die jeweils zehn Mandate aus dem Stadtteil sich ehrenamtlich für die Belange engagieren und auch nicht beeinflusst von Parteien agieren. In monatlichen Sitzungen des Unterausschusses werden diverse Anfragen der Bevölkerung aber auch der Stadtgemeinde bearbeitet. Hierbei können eine Vielzahl von Dingen eigenständig bearbeitet werden und somit der Gemeinderat von vielen Kleinigkeiten freigehalten werden.
Weiterentwicklung: Bürgerbeteiligung in Form der Stadtteilausschüsse braucht Weiterentwicklung, Vertreter des Unterausschusses Igls können teilweise auf 29 Jahre Erfahrung zurückblicken und sie wissen, an welchen Schrauben zu drehen ist. Man wehrt sich aber vehement gegen eine Abschaffung. Die Einführung der „BürgerInnenanträge“ ist ja prinzipiell ein guter zusätzlicher Ansatz, diese Idee wurde aber nicht fertig gedacht. Hier werden aber nur Einzelinteressen in den Vordergrund gestellt. Diese brauchen aber immerhin auch noch 600 Unterschriften! Das hieße wiederum, dass die vielen kleinen nicht minder wichtigeren Dinge gar nicht mehr Beachtung finden. Eine weitere Frage stellt sich auch noch, ob Initiativen aus der Bevölkerung nach Behandlung im Gemeinderat überhaupt noch weiter verfolgt, geschweige denn auch wirklich umgesetzt werden. Die Unterausschüsse übernehmen hier auch Kontroll- und Verwaltungsfunktion, damit man bei den Themen auch am Ball bleibt. Viele Themen werden darüberhinaus diskutiert und in Form gebracht, bevor sie über Stadtteilausschusssitzungen in Form von Anträgen in den Gemeinderat gebracht werden.
Es kann daher aus Sicht des Igler Unterausschusses nur eine neue bessere Form einer Bürgerbeteiligung geben, wenn folgende Kriterien berücksichtigt werden:
– gewählte Vertreter
– rechtlich verankert
– niedrige Zugangshürden
– Informations- & Auskunftsrecht
– besseres Budget
– Antrags- & Rederecht im Gemeinderat
– Mitsprache- bzw. Vetorecht bei den Stadtteil betreffenden Angelegenheiten
Diese könnten und sollten in ganz Innsbruck installiert werden.
Abschaffung:
Im Jahre 2019 wurden nun aber durch eine schnelle Aktion, die scheinbar fest im Stadtrecht verankerte Möglichkeit der Mitgestaltung der Stadtteil-Belange, diese Ausschüsse ERSATZLOS abgeschafft. Der am 13. Juli 2023 gefasste neuerliche Beschluss bringt keine erkennbare Verbesserung im Sinne der Bürgerbeteiligung.
Wir fordern daher die Vertreter der Landesregierung und den Hohen Landtag auf, die Neufassung der Innsbrucker Stadtrechtsnovelle zu überdenken und Stadtteilvertretungen nicht abzuschaffen!